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Home-Office: Zwischen Krisenmodus und neuer Normalität

Stand: 07.02.2021

Das Home-Office erlebt seit Beginn der COVID-19-Pandemie einen regelrechten „Boost“. Ortsunabhängig und digital arbeiten zu können bedeutet mehr Flexibilität. Dadurch können aber auch die zeitlichen und räumlichen Grenzen zwischen Beruflichem und Privaten mehr verschwimmen. Der Gesetzgeber hinkt mit seiner Regelungsintention hinterher, dennoch gibt es jetzt bereits arbeitsrechtliche Regelungen, die im Home-Office zu beachten sind. In einigen Kollektivverträgen ist die Telearbeit schon seit Längerem vorgesehen. Auch in Betriebsvereinbarungen kann ein ortsunabhängiges Arbeiten im Home-Office oder mobiles Arbeiten für den Betrieb vereinbart werden. Darüber hinaus können sich Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen (AG) mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (AN) auf die Arbeit im Home-Office individuell einigen. Ohne eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder eine individuelle Vereinbarung haben die AN weder ein Recht auf Home-Office noch kann der AG dieses einseitig anordnen. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie, in der oftmals recht kurzfristig ein Home-Office-Arbeitsplatz eingerichtet werden musste, kann von Zuhause aus nur im Einvernehmen zwischen AG und AN gearbeitet werden.

Was versteht man unter Telearbeit, Home-Office und mobilem Arbeiten?

Von Zuhause aus kann sowohl im Rahmen eines echten Dienstvertrages, eines freien Dienstvertrages oder eines Werkvertrages gearbeitet werden. Das österreichische Arbeits- und Sozialrecht definiert weder den Begriff Home-Office noch mobiles Arbeiten.1 Wenn die Wohnung des AN (Home-Office, „Teleheimarbeit“2) oder ein anderer vom AN frei bestimmbarer Ort zum Arbeitsort (Telearbeit, mobiles Arbeiten) gemacht werden soll, bedarf es einer expliziten Vereinbarung.3 In der Praxis sind mittlerweile Mischformen zwischen Home-Office und mobiler Arbeit entstanden.4 Oftmals verfügt der AN auch über einen Arbeitsplatz am Betriebsstandort des AG und leistet seine Arbeit nur zeitweise im Home-Office.5 Das Home-Office hat nichts mit der Heimarbeit iSd Heimarbeitsgesetz 19606 zu tun. Heimarbeiter/innen erbringen einfache handwerkliche oder verarbeitende Tätigkeiten außerhalb der Arbeitsstätte ihres Auftraggebers, während im Home-Office vorwiegend Angestelltentätigkeiten geleistet werden.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf „klassische Bürotätigkeiten“ im Rahmen echter Dienstverträge (§ 1151 ABGB) im Home-Office, weil dieses in Zeiten der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit praktisch besonders relevant geworden ist.

COVID-19-Regelungen zum Home-Office

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie im März 2020 in Österreich schränkte der Gesundheitsminister durch Verordnungen immer wieder das Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten ein (Rechtsgrundlage: § 1 Abs 1 COVID-19-Maßnahmengesetz7). Die berufliche Tätigkeit solle „vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.“8 Abgesehen von dieser Empfehlung wird die Ausgestaltung des Home-Offices nicht näher geregelt. Die österreichische Bundesregierung formulierte lediglich unverbindliche Empfehlungen für das Arbeiten im Home-Office in Form von Leitfäden zur „Ergonomie am Arbeitsplatz im Homeoffice“ sowie für die „Entwicklung von organisatorischen Spielregeln für mobiles Arbeiten und ihre nachhaltige Implementierung“.9 Ein Home-Office-Gesetz soll in nächster Zeit beschlossen werden.

Bis – vorerst – 31.3.2021 wurde der Unfallbegriff im ASVG auch auf Unfälle erstreckt, die sich im Home-Office ereignen. Der Gesetzgeber zählt Unfälle dazu, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung am Aufenthaltsort der versicherten Person ereignen (§ 175 Abs 1a ASVG). Eine vergleichbare Regelung wurde auch für Dienstunfälle von Beamten im Home-Office getroffen (§ 90 Abs 1a B-KUVG). Eine weitere Home-Office-spezifische Regelung bezieht sich auf Personen, die aufgrund eines COVID-19-Risiko-Attests der Risikogruppe angehören. Diese Personengruppe hat – bis vorerst 31.5.2021 – einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, sofern nicht geeignete Schutzmaßnahmen in der Arbeitsstätte getroffen werden können und die betroffene Person ihre Arbeitsleistung nicht im Home-Office erbringen kann (§ 735 Abs 3 ASVG). Eine vergleichbare Regelung findet sich wiederum für Beamte in § 258 Abs 3 B-KUVG.

(Keine) einseitige Anordnung

Die Arbeitsortsvereinbarung gewährt meist eine gewisse Flexibilität, indem zB „Salzburg“ statt der genauen Adresse des Betriebsstandorts festgelegt ist. Auch bei einem weit definierten Arbeitsort ist aber davon in der Regel nicht die private Wohnung des AN erfasst. Auch eine nur vorübergehende Änderung des Arbeitsortes muss immer arbeitsvertraglich gedeckt sein.10 Der AG kann den vertraglich vereinbarten Arbeitsort nicht einseitig durch Weisung ändern. Eine einseitige Anordnungsbefugnis kann sich allenfalls aus dem Arbeitsvertrag oder aus einer Zusatz- oder einer Einzelvereinbarung ergeben.11

Wenn der AG einseitig vom vereinbarten oder üblichen Arbeitsort abweichen und den AN (anlassfallbezogen) ins Home-Office schicken will, müssen die arbeitsvertraglichen und die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Versetzung vorliegen. Eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort durch Weisung setzt voraus, dass dem AG ein entsprechendes Gestaltungsrecht im Arbeitsvertrag eingeräumt wurde. Sonst kann der Arbeitsort nur geändert werden, wenn der AN zustimmt.12 Auch ein vertraglich vereinbarter Versetzungsvorbehalt berechtigt den AG nicht ohne weiteres zu einer einseitigen Versetzung ins Home-Office. Zunächst muss geprüft werden, ob die Arbeitsvertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Versetzung ins Home-Office vereinbaren wollten.13

In Betrieben mit einem Betriebsrat hat dieser bei Versetzungen bestimmte Mitwirkungsrechte. Jede Versetzung, die voraussichtlich länger als 13 Wochen andauern wird, muss dem Betriebsrat unverzüglich mitgeteilt werden (§ 101 ArbVG). Kommt es durch die Versetzung zugleich zu einer Verschlechterung der Arbeits- oder Entgeltbedingungen, ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich, damit die Versetzung rechtswirksam ist.14 Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung aus unsachlichen Gründen, kann das Arbeits- und Sozialgericht die Zustimmung ersetzen (§ 101 ArbVG aE).

Selbst in Zeiten der COVID-19-Pandemie können AG ohne eine entsprechende arbeitsvertragliche Grundlage nicht einfach einseitig anordnen, dass der AN zu Hause arbeiten muss.15 Auch wenn die Arbeitsvertragsparteien wechselseitige Fürsorgepflichten treffen, kann der AG den AN nicht zur Arbeit im Home-Office zwingen. Wenn eine Versetzung ins Home-Office arbeitsvertraglich gedeckt ist, kann nur der Betriebsrat den AN im Falle einer Verschlechterung schützen, indem er der Versetzung nicht zustimmt. Sofern der Gesundheitsschutz überwiegt und keine erheblichen Verschlechterungen (zB Entgeltkürzungen) mit der Arbeit im Home-Office verbunden sind, wird der Betriebsrat seine Zustimmung wohl erteilen.16

Kein Rechtsanspruch

Home-Office ist Vereinbarungssache. Einen Rechtsanspruch auf Home-Office gibt es (derzeit noch) nicht.17 Ein AN, der eigenmächtig zu Hause arbeitet ohne sich mit seinem AG darauf geeinigt zu haben, verletzt seine Dienstpflicht und hat mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Entlassung zu rechnen.18 Es ist strittig, ob der AG aus seiner Fürsorgepflicht heraus während der Corona-Pandemie Home-Office gewähren muss, sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen.19 Tätigkeiten in der Arbeitsstätte waren – auch während eines Lockdowns – in der Regeln zulässig.20 Der AG hat darauf zu achten, dass ein Infektionsrisiko am Ort der beruflichen Tätigkeit durch Schutzmaßnahmen möglichst hintangehalten wird. Selbst in der Ausnahmesituation der COVID-19-Pandemie gibt es somit keinen generell durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Home-Office.

Etwas anderes gilt für AN, die der COVID-19-Risikogruppe21 angehören. Ein Risikoattest wird aufgrund bestimmter medizinischer Indikationen von einem Arzt ausgestellt. AN, die der COVID-19-Risikogruppe angehören und ihrem AG ein COVID-19-Risiko-Attest vorlegen, haben unter den folgenden zwei Voraussetzungen einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts: (i) die Arbeitsleistung kann nicht im Home-Office erbracht werden oder (ii) der AG kann in der Arbeitsstätte keine geeigneten Schutzmaßnahmen treffen, damit eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist (§ 735 Abs 3 ASVG). Der Arbeitsweg ist hinsichtlich einer möglichen Ansteckung ebenfalls zu berücksichtigen (§ 735 Abs 3 letzter Satz ASVG).

Wie kann Home-Office vereinbart werden?

Mittlerweile enthalten einige Kollektivverträge (KollV) Regelungen zur Telearbeit, beispielsweise die KollV für IT-Angestellte22, für Angestellte der Industrie, für Angestellte im Bereich Information und Consulting und für Angestellte des Innendienstes von Versicherungsunternehmen. In Betrieben mit einem Betriebsrat können auch Betriebsvereinbarungen über die Arbeit im Home-Office abgeschlossen werden. Denkbare Rechtsgrundlagen sind: § 97 Abs 1 ArbVG – Benützung von Betriebsmitteln (Z 6), Maßnahmen zur Unfallverhütung oder zum Gesundheitsschutz (Z 8) oder Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung (Z 9). Falls der AG technikunterstützte Kontrollmaßnahmen zur Anwendung bringen will, welche die Menschenwürde berühren, wäre sogar der Abschluss einer zustimmungspflichtigen Betriebsvereinbarung erforderlich (§ 96 Abs 1 Z 3 ArbVG).23 In vielen Fällen werden Home-Office-Vereinbarungen auf einzelvertraglicher Ebene getroffenen werden, vor allem als schriftlich vereinbarter Zusatz zum Dienstvertrag.24 Selbst wenn der anwendbare KollV oder eine Betriebsvereinbarung grundsätzlich Home-Office ermöglicht, wird vielfach eine individuelle Vereinbarung etwa zur Festlegung des Arbeitsorts, der Arbeitszeit und zur Kostentragung für Betriebs- oder private Arbeitsmittel notwendig sein. Home-Office kommt selbstverständlich nur in Betracht, wenn es aufgrund der Art der Tätigkeit überhaupt möglich ist.

In der Praxis werden Arbeitsverträge und etwaige Zusatzvereinbarungen über Home-Office in den meisten Fällen schriftlich abgeschlossen. Während der COVID-19-Pandemie kamen Home-Office-Vereinbarungen gegebenenfalls vorerst nur mündlich oder durch schlüssige Erklärungen zustande. Nachdem Arbeitsverträge grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden können, sind auch mündliche oder durch schlüssige Erklärungen zustande gekommene Vereinbarungen wirksam (§ 1151 ABGB).25 Dennoch ist es empfehlenswert, jedenfalls eine schriftliche Vereinbarung zu schließen, weil ansonsten durch die faktische Arbeitsverrichtung in der privaten Wohnung eine Vereinbarung durch schlüssige Erklärungen abgeleitet und somit ein Anspruch auf Home-Office entstehen könnte.26 Außerdem müssen etwaige Schriftformgebote für die Vereinbarung von Telearbeit aufgrund von einschlägigen KollV oder Betriebsvereinbarungen berücksichtigt werden.27

Wichtigste Regelungspunkte einer Home-Office-Vereinbarung

In einer Home-Office-Vereinbarung einigen sich die Arbeitsvertragsparteien üblicherweise auf den Ort der Tätigkeit (in der privaten Wohnung des AN oder an einem frei gewählten Ort), das Ausmaß und die Lage der Arbeitszeit sowie die Arbeitszeitaufzeichnung und die Erreichbarkeit des AN. Meist wird auch vereinbart, in welchem Ausmaß im Home-Office gearbeitet werden soll, zB einzelne Tage pro Monat oder pro Woche. In der Praxis bedingen sich AG auch oft zwingende Präsenztage aus, an denen der AN in der Arbeitsstätte anwesend sein muss, zB jeden Montag oder jedenfalls drei Tage pro Woche. Ob der AN einen Home-Office-Tag in Anspruch nehmen kann, wird häufig auch von der jeweils zuvor erteilten Zustimmung des unmittelbar Vorgesetzten abhängig gemacht. Die Arbeitsvertragsparteien können auch übereinkommen, dass der AG die Home-Office-Regelung bei betrieblicher Notwendigkeit vorübergehend aussetzen oder per Weisung die Anwesenheit im Betrieb durchsetzen kann.

Für die Arbeit im Home-Office gelten dieselben Arbeitszeitbestimmungen wie im Betrieb, es sei denn, es wurde eine abweichende Vereinbarung getroffen.28 Die Arbeitsvertragsparteien müssen insbesondere das Arbeitszeitausmaß und die Lage der Normalarbeitszeit (§ 19c AZG) im Home-Office vereinbaren, wenn sie nicht eine geltende Betriebsvereinbarung oder kollektivvertragliche Regelung anwenden können oder wollen. Sie sollten auch regeln, wer die Lage festlegt, zB ob Gleitzeit oder fixe Arbeitszeiten gelten.29 Eine zwischen AG und Betriebsrat abgeschlossene Gleitzeitvereinbarung (§ 4b AZG) gilt beispielsweise weiterhin, wenn die Arbeitsvertragsparteien nichts Abweichendes für die Arbeit im Home-Office vereinbaren.30 Nachdem der Beginn und das Ende der Arbeitszeit sowie die Arbeitspausen im Home-Office für den AG nicht so einfach nachvollziehbar bzw kontrollierbar sind, sollten diese Punkte in der Home-Office-Vereinbarung klar geregelt werden. In der Home-Office-Vereinbarung kann zB auch festgelegt werden, dass der AN den Beginn und das Ende seiner Arbeitszeit durch das Ein- bzw Ausloggen im Firmennetzwerk zu erfassen hat.31

Meist einigen sich die Arbeitsvertragsparteien auch darauf, wer die Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss und wer dafür die Kosten trägt. Der AG hat in der Regel nicht nur die erforderlichen Arbeitsmittel beizustellen, sondern auch die im Home-Office anfallenden Kosten zu tragen (Strom, Heizung, Internettarif etc).32 Der AN kann einen entsprechenden Aufwandersatz verlangen (§ 1014 ABGB analog). Der AG kann den Aufwandersatz aber abbedingen und die Kostentragung auf den AN vertraglich überwälzen, solange es dadurch nicht zu einer sittenwidrigen Risikoüberwälzung kommt.33 Darüber hinaus sollte eine Home-Office-Vereinbarung auch Regelungen zum Datenschutz- und zur Datensicherheit sowie zum technischen AN-Schutz enthalten. Schließlich sollten die Arbeitsvertragsparteien auch die Beendigung und etwaige Änderungsmöglichkeiten regeln.34 Wenn die Home-Office-Vereinbarung von den übrigen Punkten des Arbeitsvertrags trennbar ist, kann sie auch separat beendet werden.35 Eine Teilkündigung der Home-Office-Vereinbarung sollte aber ebenfalls vertraglich festgelegt werden.36

Schwerpunkt: Arbeitszeitregelungen im Home-Office

Die Arbeit im Home-Office unterscheidet sich meist nur örtlich von einem klassischen Arbeitsverhältnis im Betrieb, solange der AN weiterhin weisungsgebunden und persönlich abhängig ist. Dies setzt beispielsweise voraus, dass der AN (i) an die Rahmenarbeitszeiten und die Zeiterfassungsregeln gebunden ist, (ii) die vom AG zur Verfügung gestellten Betriebsmittel wie Laptop, Handy, Softtoken nützt, (iii) organisatorisch weiterhin in das Betriebsgeschehen eingebunden ist, etc.37

Arbeitsrechtlich gibt es nur zwei Zeiten: Arbeits- und Freizeit.38 Für die Arbeitszeit relevant sind somit jene Zeiträume, in denen der AN dem AG für die Arbeitsleistung zur Verfügung steht. Die Höchstarbeits- und Ruhezeiten sind auch im Home-Office zwingend einzuhalten. Sie ergeben sich entweder aus dem Arbeitszeitgesetz oder aus einer strengeren Betriebsvereinbarung. Klare Regelungen zu den Grenzen der Arbeitszeit verhindern, dass es auf Seiten des AN zu einer „Dauererreichbarkeit“ ausartet oder es für den AG unklar ist, wann er den AN regelmäßig erreichen kann. Vor allem im Home-Office besteht die Gefahr, dass die Grenzen der Arbeitszeit verschwimmen.

Arbeitszeitunterbrechung

Gerade im Home-Office gestaltet sich die Abgrenzung bei Arbeitszeitunterbrechungen schwieriger als beim Arbeiten in der Arbeitsstätte des AG. Kurze, alltägliche Ablenkungen, wie zB Kaffeekochen oder ein Toilettengang, unterbrechen die Arbeitszeit nicht. Private Erledigungen, wie zB private Telefonate oder Hausarbeiten, zählen hingegen nicht mehr zur Arbeitszeit.39 In einer Home-Office-Vereinbarung können die Arbeitsvertragsparteien auch festlegen, welche Verrichtungen ab welcher Dauer die Arbeitszeit unterbrechen und daher als Arbeitspause gelten. Derartige Regelungen dürfen die Arbeitszeit aber nicht in kleinste Teile zerlegen („atomisieren“).40 Eine Regelung, nach der eine kurze private Ablenkung im Ausmaß von 2 Minuten als Arbeitspause erfasst werden muss, ist meines Erachtens schikanös. In der Praxis werden derartige Unterbrechungen auch kaum für den AG kontrollierbar sein. Inwieweit die Arbeitszeit geteilt bzw unterbrochen werden kann, liegt im Home-Office also in erster Linie in der Hand des AN. Abgesehen von den gesetzlichen Ruhepausen (§ 11 AZG), darf aber auch der AN seinen Arbeitsablauf nicht so oft unterbrechen, dass es dadurch zu einer „Atomisierung“ seiner Arbeitspflicht kommt.41 Bei einem 8-Stunden-Arbeitstag sind meines Erachtens fünf Unterbrechungen noch vertretbar.42

Arbeitszeitaufzeichnung

Auch im Home-Office ist grundsätzlich der AG verpflichtet Aufzeichnungen über die Arbeitszeit zu führen (§ 26 Abs 1 AZG). Die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung kann aber insbesondere bei gleitender Arbeitszeit durch eine Vereinbarung auf den AN übertragen werden (§ 26 Abs 2 AZG). Der AG muss dennoch den AN zur ordnungsgemäßen Führung dieser Aufzeichnungen anleiten und muss die Aufzeichnungen auch regelmäßig kontrollieren. In der Home-Office-Vereinbarung sollten die Arbeitsvertragsparteien daher genaue Regelungen zur Arbeitszeitaufzeichnung treffen. Sie können beispielsweise übereinkommen, dass die Aufzeichnungen täglich zu führen und an den AG zu übermitteln sind oder der AN seine Zeiten in einem virtuellen Zeiterfassungsinstrument des AG zu erfassen hat. Wenn der AG ein Zeiterfassungssystem verwendet, muss er wiederum dem AN auf Verlangen eine Kopie der Arbeitszeitaufzeichnungen übermitteln (§ 26 Abs 2 AZG).

In zwei Fällen gibt es gewisse Lockerungen bei der Arbeitszeitaufzeichnung: (i) der AN kann die Lage seiner Arbeitszeit und seinen Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen (Fall 1) oder (ii) der AN kann seine Tätigkeit „überwiegend“ in ihrer Wohnung ausüben (Fall 2). Fall 1 betrifft vor allem Gleitzeitmodelle ohne Kernarbeitszeiten.43 In den beiden Fällen sind nur Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit, sog Saldenaufzeichnungen44 zu führen (§ 26 Abs 3 AZG). Der genaue Beginn, das Ende und die Ruhepausen sind bei einer Saldenaufzeichnung nicht zu dokumentieren. Wenn der AG den AN verpflichten will, dass der AN die Saldenaufzeichnung selbst führt, muss eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden (§ 26 Abs 4 AZG). Der AG muss auch in diesem Fall den AN anleiten und die Aufzeichnungen regelmäßig kontrollieren. Fraglich ist, ob für AN, die aufgrund der Corona-Krise überwiegend (mehr als 50% ihrer Arbeitszeit) in ihrer privaten Wohnung arbeiten, gelockerte Arbeitszeitaufzeichnungen gelten. Auch der überwiegend in seiner Wohnung tätige AN unterliegt meines Erachtens denselben Zeitaufzeichnungsanforderungen wie im Betrieb, wenn er in den Betrieb eingegliedert ist und der Kontrolle des AG unterworfen ist. Die Saldenaufzeichnung kommt somit nicht in Betracht, wenn der AN nur hinsichtlich des Arbeitsorts flexibel ist, aber bei der Arbeitszeit an dieselben Regelungen gebunden ist, wie bei einer Tätigkeit in der Arbeitsstätte.

Nach einer im Jahr 2019 ergangenen EuGH-Entscheidung45 ist fraglich, ob die Saldenaufzeichnung überhaupt noch zulässig ist. Der EuGH verlangt nämlich, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen behördlich überprüfbar sein müssen. Um dem Arbeitsinspektorat eine Kontrollmöglichkeit zu geben, muss der AG die Saldenaufzeichnungen jedenfalls regelmäßig plausibilisieren und stichprobenartig überprüfen.46 Bei einer schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung muss der AG lediglich am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsinspektorates die Einhaltung der Arbeitszeit bestätigen (§ 26 Abs 5a AZG). In diesem Fall müssen nur Abweichungen von den fixierten Arbeitszeiten aufgezeichnet werden.

Fazit

In der COVID-19-Pandemie hat der Gesetzgeber das Home-Office als probates Mittel zur akuten Krisenbewältigung „vorzugsweise“ empfohlen. Die Ausgestaltungsmöglichkeiten für das Arbeiten im Home-Office sind vielfältig. Die neuen Home-Office-Regelungen lassen darauf hoffen, dass der Gesetzgeber diese flexible Arbeitsform so gestaltet, dass sowohl die AG als auch die AN faire Bedingungen vorfinden. Die Ausgestaltung sollte nicht nur den Betriebsräten oder einer individuellen vertraglichen Vereinbarung überlassen werden. Home-Office-Arbeitsplätze, die aufgrund der Corona-Krise akut eingerichtet wurden, werden nach der Pandemie zum Teil wahrscheinlich wieder in die Arbeitsstätten der AG verlagert werden. Vielleicht haben aber auch einige AG und AN die Vorzüge des Arbeitens von Zuhause aus für sich erkannt. Die Flexibilität des „new way of working“ soll weder zu Lasten der AN in Form einer „Dauererreichbarkeit“ noch zu einem Kontrollverlust auf AG-Seite führen. Die Krise hat uns jedenfalls gezeigt, dass die Anwesenheit der AN im Betrieb nicht immer zwingend notwendig ist. Fraglich ist, ob es einen Rechtsanspruch auf Home-Office in einem gewissen zeitlichen Ausmaß, zB 2 Tage pro Monat, geben wird. Damit wird Home-Office noch lange nicht zum Regelarbeitsmodell und es bleibt genug Raum für ein betriebliches Miteinander, auch nach den Zeiten des „Social Distancing“.

1 Streithofer, DRdA-infas 2020, 204 (204); Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7, Rz 1; Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 50; Kary, Die Presse 2019/34/05; Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (3).

2 Risak, ZAS 2016/36. 204 (205).

3 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (163).

4 Jöst/Gärtner, JAS 2018, 11 (12 f); Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 49; Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (3).

5 Gerhartl, ASoK 2019, 362 (365); Stärker, ecolex 2019, 658 (658).

6 BGBl I 105/1961.

7 Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, kurz: COVID-19-MG, StF BGBl I 12/2020, idgF BGBl I 104/2020.

8 Änderung der Verordnung gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 108/2020; Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (COVID-19-Notmaßnahmenverordnung) kurz: COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020.

9 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201101_OTS0003/aschbacher-wir-sichern-mit-corona-home-office-kurzfristig-bestmoegliche-rahmenbedingungen (abgerufen am 21.11.2020); https://www.bmafj.gv.at/Services/News/Leitfaden-Homeoffice.html (abgerufen am 21.11.2020).

10 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165).

11 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (164 f).

12 Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 50; Födermayr in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 101 Rz 31; Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 57.

13 Krit, Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165); weniger krit für die Zeit der Corona-Pandemie: Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (323).

14 Födermayr in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 101 Rz 52; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165); Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (4).

15 Schrank, RdW 3/2020, 265 (270).

16 Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 59; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165).

17 Köck/Prasser, ZAS 2016/43, 246 (246); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (3); Felten/Mosler, DRdA 2020, 91 (100); https://www.wko.at/service/t/arbeitsrecht-sozialrecht/gibt-es-rechtsanspruch-homeoffice.html; https://www.wienerzeitung.at/themen/recht/recht/2080900-Homeoffice-ohne-gesetzlichen-Boden.html (abgerufen am 21.11.2020).

18 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165).

19 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (165); Bremm/Mayr in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7, Rz 3.

20 § 1 Abs 1 Z 4 und § 6 Abs 1 COVID-19-Notmaßnahmenverordnung)

21 Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), StF: BGBl II 203/2020.

22 Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, kurz: IT-KollV.

23 Streithofer, DRdA-infas 2020, 204 (205); Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (3); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (6).

24 Streithofer, DRdA-infas 2020, 204 (205).

25 Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 154.

26 Jung/Zischka, Die Presse 2020/11/04; Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (4); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (4).

27 Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (324).

28 Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7, Rz 4; Kary, Die Presse 2019/34/05; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (163); Gerhartl, ASoK 2019, 362 (368); Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (325); Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 64; Köck/Prasser, ZAS 2016/43, 246 (246); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (5).

29 Köck/Prasser, ZAS 2016/43, 246 (246); Risak, ZAS 2016/36. 204 (207).

30 Gerhartl, ASoK 2019, 362 (366); Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (325).

31 Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (164); Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (325); Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7 Rz 5; Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (5).

32 Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (5); Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7, Rz 6; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (166); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (4).

33 Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (5); Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7, Rz 6; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (166); Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (4); Risak, ZAS 2016/36. 204 (207).

34 Köck/Prasser, ZAS 2016/43, 246 (246 ff) mit einer übersichtlichen Checkliste; Gerhartl, ASoK 2019, 362 (365 f); Hitz/Schrenk, ASoK 2020, 322 (324); Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 60.

35 Gerhartl, ARD 6711/4/2020, 3 (4).

36 Huger, ARD 6659/5/2019, 3 (5).

37 Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 54.

38 Jöst/Gärtner, JAS 2018, 11 (13).

39 Gerhartl, ASoK 2019, 362 (366 f), mit Verweis auf eine klare Regelung in der Home-Office Vereinbarung: Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (164).

40 Gerhartl, ASoK 2019, 362 (367).

41 Jöst/Gärtner, JAS 2018, 11 (13) mit einem anschaulichen Rechenbeispiel zur Zerlegung des Arbeitstages durch (theoretische) Arbeitspausen.

42 JAS 2018, 11 (14).

43 Jöst/Gärtner, JAS 2018, 11 (18) verlangen als Voraussetzung für ein weitgehendes Selbstbestimmungsrecht, „dass der AN Arbeitszeit und Arbeitsort zumindest zu zwei Drittel selbst einteilen kann“.

44 Wetsch, in Reichel/Pfeil/Urnik, 64; Gerhartl, ASoK 2019, 362 (367); Köck/Prasser, ZAS 2016/43, 246 (247); Mazal, ecolex 2019, 656 (657); Bremm/Mayr, in Resch, Corona-HB1.01 Kap 7 Rz 5; Bartmann/Ondrejka, ZAS 2020, 163 (164).

45 EuGH 14.5.2019, C-55/18, Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) gegen Deutsche Bank SAE, ECLI:EU:C:2019:402.

46 Mazal, ecolex 2019, 656 (658); Kary, Die Presse 2019/34/05; Gerhartl, ASoK 2019, 362 (367).

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